Die Große Kunstschau
Von seiner Bekanntschaft mit Paula Modersohn-Becker inspiriert, kam Bernhard Hoetger 1914 nach Worpswede. Der Bildhauer blieb fünfzehn Jahre lang und setzte vielfältige architektonische Gedanken in die Tat um. In seiner Worpsweder Zeit reifte Hoetgers expressive Ausdrucksform, zugleich näherte er sich dem völkisch-mythischen Denken. Seine größten Gebäude bildeten drei aufeinander bezogene, nacheinander errichtete Gebäude. Das Kaffee Worpswede, das Logierhaus und die Große Kunstschau entstanden in den Jahren 1925-1927. Die Baugruppe zählt heute zu den wenigen erhaltenen Beispielen des norddeutschen Expressionismus.
Die 1927 errichtete Große Kunstschau diente, wie das nachträglich mit ihr verbundene Kaffee Worpswede, als Ausstellungshaus für die im Ort lebenden Künstler und die Werke der ersten Worpsweder Künstlergeneration. Aus roten Ziegeln errichtet, ist das Gebäude wie eine Plastik gegliedert. Der Baukörper ordnet sich um eine Rotunde mit eingehängter Kuppel. Ihr Oberlicht lässt das Tageslicht in den Raum fallen und ermöglicht eine indirekte und gleichmäßige Beleuchtung der Werke.
Die Große Kunstschau ist seit ihrer Entstehung das größte Ausstellungshaus in Worpswede. Bis in die 1960er Jahre wurden wechselnde Verkaufsausstellungen gezeigt, später fand dann die private Kunstsammlung des Bremer Kaffeekaufmanns Ludwig Roselius (Kaffee HAG) ihren ständigen Platz. Große Teile seiner Kunstsammlung, bestehend aus Werken der ersten Worpsweder Künstlergeneration, konnten in den achtziger Jahren angekauft werden und bildeten als Leihgaben verschiedener Mäzene bis heute den Grundstock für die Stammausstellung.
1999 übernahm die neu gegründete Kulturstiftung Landkreis Osterholz das Ensemble. Im Dezember 2004 musste die Rotunde wegen akuter Einsturzgefahr gesperrt werden, im Februar 2008 konnte das komplett sanierte Hoetger-Ensemble (bereits einige Jahre vorher war das Kaffee Worpswede saniert worden) wieder eröffnet werden. Im Museum wurde die originale Farbgebung Hoetgers rekonstruiert, zugleich entstand unter dem historischen Äußeren eine komplett neue, zeitgemäße Klimatechnik. Kern der Ausstellung ist die wieder erstandene Rotunde, in der in der Regel eine Auswahl der Werke der ersten Worpsweder Malergeneration (Heinrich Vogeler, Otto Modersohn, Paula Modersohn-Becker, Hans am Ende, Fritz Overbeck, Fritz Mackensen und Carl Vinnen) zu sehen sind. Der ehemalige - ebenfalls original erhaltene - Museumsshop bietet heute Raum für einen Überblick über das gestalterische Schaffen von Bernhard Hoetger.
Das Kaffee Worpswede
Mit dem Bau des Kaffee Worpswede legte Bernhard Hoetger 1925 den Grundstein für das heutige Gesamtensemble der Großen Kunstschau. Das Kaffee Worpswede besteht aus drei Bauteilen. Der dominierende, mit Giebeln und Dachreitern ausgestattete Mittelteil besitzt einen gewölbten, runden Innenraum. Dieser Hauptraum ist zu einer Bühne ausgerichtet, die außen in einer Terrasse endet. Im Zentrum des Raumes steht die Weltenesche, eine Holzplastik Hoetgers. Der Volksmund bezeichnete das Kaffee Worpswede mit seiner Fachwerkfassade und seinen exotischen Dachreitern als „Kaffee Verrückt“. Im Rahmen der Sanierung von 2002/2003 wurden die Fassade, das Dach und die Versorgungseinrichtungen erneuert, originale Hoetger-Malereien und die Dachreiter rekonstruiert.
Das Logierhaus
Das neben der Großen Kunstschau errichtete Logierhaus diente bis 1978 als (einfaches) Hotel. Von 1982 bis 2004 wurde das Gebäude als Artothek genutzt, dort fanden auch Ausstellungen statt. Nach einer umfangreichen Sanierung dient es seit Juli 2007 als Geschäftsstelle der Kulturstiftung Landkreis Osterholz.
Die neue Große Kunstschau
Schon 1971 wurde angrenzend an die Große Kunstschau vom Bremer Architekten Prof. Gerhard Müller-Menckens das Ludwig-Roselius-Museum für Vor- und Frühgeschichte errichtet, das Roselius' Sammlung zu diesem Thema aufnahm. Sechs Säle und ein Foyer gruppierten sich in dem Flachbau um einen Innenhof und boten eine Ausstellungsfläche von rund 500 qm. Der Innenhof wurde 2010/11 zu zwei verbundenen Ausstellungshallen umgebaut, die Ausstellungsfläche wuchs damit um 140 qm auf 640 qm, darunter entstand ein klimatisiertes Depot. Das gesamte Gebäude wurde dabei den heutigen musealen Anforderungen entsprechend modernisiert und ausgestattet. Die neue Große Kunstschau wurde 2011 mit einer Ausstellung von Werken aus den Beständen der Sammlung der Bundesrepublik Deutschland eröffnet und bietet einen zeitgemäßen und modernen Rahmen für wechselnde Ausstellungen aktueller und zeitgenössischer Kunst.